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    Neu im Inner Circle: Das Junior-Depot

    Ist Investieren nur etwas für Menschen über 50 mit sechs- und siebenstelligen Anlagesummen? Ich behaupte: Nein. Erfolgreiches Investieren ist nicht primär eine Frage des Geldes. Es ist zunächst eine Frage des Willens. Wer davon überzeugt ist, dass sich das eigenverantwortliche Investieren in produktive Sachwerte lohnt und darin eine Möglichkeit sieht, Vermögen aufzubauen und Einkommen zu erzielen, hat schon den ersten Schritt in die richtige Richtung getan. Der erste Schritt ist der Glaube an die Richtigkeit einer Idee. 

    Der zweite Schritt ist dann das Wie. Gerade beim Investieren lässt sich viel falsch machen. Im staatlichen Bildungssystem suchen wir vergeblich nach Möglichkeiten, dieses Handwerk zu erlernen. Ich habe versucht, an der Volkshochschule Oranienburg einen Kurs "Clever Investieren" anzubieten. Abgelehnt. Es gebe kein Interesse, so die lakonische Antwort. Die Politik hat ein ureigenes Interesse, Menschen dumm und arm zu halten. So lassen sie sich leichter beherrschen. Eigenverantwortung, gerade in finanziellen Angelegenheiten, wird dem Deutschen konsequent abtrainiert. Zum Glück gibt es Enthusiasten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, gegen das staatlich verordnete finanzielle Analphabetentum anzukämpfen.    

    Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
    Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

    Der größte Vorteil, den ein junger Mensch hat, wenn es ums Investieren geht, ist die Zeit. Niemand kann vom Zinseszins derart profitieren, wie ein Mensch, dessen Anlagehorizont sich über drei oder vier Jahrzehnte erstreckt. "Egal wie groß Talent und Fleiß sind, manche Dinge brauchen einfach Zeit: Man kann nicht in nur einem Monat ein Kind bekommen, selbst wenn man neun Frauen schwängert." Dieser Ausspruch von Warren Buffett umschreibt sehr schön, dass es zum dauerhaften Investmenterfolg vor allem eines braucht: Zeit. 

    Wichtig ist also, frühzeitig mit dem Investieren zu beginnen. Warren Buffett war elf Jahre alt, als er seine ersten Aktien kaufte. Das Orakel aus Omaha hat mich inspiriert, ein Junior-Depot aufzulegen.    

    Die Idee

    Viele junge Menschen verfügen zu ihrem 18. Geburtstag schon über bedeutsame Geldsummen. Wie oft werden zu Geburtstagen, Weihnachten, Ostern, zur Einschulung, Konfirmation, zur Jugendweihe oder zum Schulabschluss heute 50, 100 oder mehr Euro verschenkt. Verantwortungsvolle Eltern haben dafür ein Sparbuch eingerichtet und das zum 18. Geburtstag dem nun volljährigen Nachwuchs übergeben. 

    Die Jung-Erwachsenen wissen aber mit dem Geld selten etwas Sinnvolles anzufangen. Zinsen gibt es nicht mehr und so fällt das über 18 Jahre zusammengesparte Geld der Inflation anheim oder wird ausgegeben.

    Wie wäre es, damit ein Aktiendepot aufzubauen? Eines, das jedes Jahr ein steigendes Einkommen erzielt? Das dabei hilft, Lebensträume zu verwirklichen, frühzeitig finanziell unabhängig zu werden? Sich ein wachsendes "Grundeinkommen" aufzubauen, ohne von Almosen des Staates oder einem Arbeitgeber abhängig zu sein, Dinge tun zu müssen, die man eigentlich nicht tun möchte?

    So entstand die Idee des Junior-Depots. Was würde ich mit dem heutigen Wissen anstellen, wenn ich nochmal 18 Jahre alt wäre und ein erstes Startkapital bekäme?

    Ich habe also im April 2020 ein weiteres Brokerkonto eröffnet und darauf 10.000 Euro eingezahlt. Dieses Geld soll investiert werden - mit dem Zeithorizont eines Anlegers, der vielleicht gerade volljährig geworden ist, studiert, eine Ausbildung absolviert oder diese gerade beendet hat, der anfängt, auf eigenen Füßen zu stehen, aber keine gigantischen Geldsummen für riesige Aktiendepots zur Verfügung hat. Manch einer mag nur 2.000 Euro haben, andere haben bereits wesentlich mehr. Die Summe spielt keine Rolle, es geht ums Prinzip: Fang rechtzeitig an und Du wirst Dich wundern, was sich mit Beharrlichkeit über die Jahre erreichen lässt.  

    Der Plan

    Ich habe auf ein Brokerkonto besagte 10.000 Euro eingezahlt. Wäre ich jetzt Student, würde ich meine Eltern darum bitten, mir monatlich 100 Euro von dem Kindergeld, das sie für mich bekommen, auf mein Girokonto zu überweisen. Dieses Geld würde ich per Dauerauftrag jeden Monat auf mein Investmentkonto weiterleiten. Wir reden also über ein Startkapital von 10.000 Euro und einen monatlichen Geldzufluss von 100 Euro. 

    Monatliche Einzahlungen sind wichtig. Ob es nun 100 oder 20 Euro sind - das ist nebensächlich. Es geht um die Gewohnheit, jeden Monat ein wenig Geld für die eigene finanzielle Unabhängigkeit auf die Seite zu legen. Später wird sich diese Summe erhöhen. Der Plan könnte sein, vom ersten Gehalt zehn Prozent monatlich abzuzweigen. Wenn's ein kleines Gehalt ist, dann auch nur fünf Prozent - hier gibt es keine Vorschriften, kein Richtig oder Falsch. 

    Und danach spare ich von jeder Gehaltserhöhung die Hälfte. So steigt der eigene Wohlstand, ich kann mehr Geld verkonsumieren. Schließlich geht es auch darum, irgendwann die erste eigene Wohnung einzurichten, eine Familie zu gründen, sich das Auto und den Urlaub zu gönnen. Wir leben im Hier und Jetzt - nicht für später. Unser Leben ist keine Generalprobe. 

    Von meinem Startkapital kaufe ich Unternehmensbeteiligungen - Aktien. Ich fokussiere mich auf Firmen, die es möglichst in 20 oder 40 Jahren (nach heutigem Ermessen) noch geben wird. Profitable, wachsende Firmen, die eine Dividende ausschütten und diese jährlich anheben können, weil Umsatz und Gewinn der Firma wachsen. 

    Wenn ich jeden Monat 500 Euro investiere, reicht mein Startkapital für 20 Monate. In diesen 20 Monaten habe ich dann weitere 2.000 Euro, weitere vier Monatsraten, überwiesen. Ich komme also bei einer monatlichen Investmentrate von 500 Euro und einer Einzahlung von 100 Euro über die ersten zwei Jahre. Danach wäre ich voll investiert und könnte voraussichtlich nur noch knapp alle fünf Monate eine weitere Unternehmensbeteiligung erwerben.

    Das Fine-Tuning: Bullen- und Bärenmärkte

    Dieser simple Plan hat einen Nachteil: Er berücksichtigt nicht die Weltkonjunktur. Egal, ob Aktien teuer oder billig sind - ich kaufe jeden Monat für 500 Euro ein und bin nach zwei Jahren zu 100 Prozent investiert. Dann sind die Cash-Reserven aufgebraucht. Ich würde aber gern tendenziell mehr Aktien kaufen, wenn sie besonders billig sind und tendenziell eher weniger, wenn die Konjunktur brummt.

    Also habe ich meine monatliche Investmentrate auf 200 Euro pro Unternehmen reduziert. Damit reicht mein Geld länger, solange die Märkte stabil sind. Kommt es aber zu Crash-Situationen oder extremen Bärenmärkten, dann kaufe ich nicht ein Unternehmen für 200 Euro im Monat, sondern drei. In einem lang andauernden Bärenmarkt wäre ich nach rund 17 Monaten mit 10.200 Euro investiert. In einem lang andauernden Bullenmarkt hätte ich nach 50 Monaten, also über vier Jahren, das Starktapital investiert und meine monatlichen Sparraten würden mich für weitere zwei Jahre mit Liquidität versorgen.   

    Was gefällt mir an diesem Finetuning? Ich habe kaufe dann viel, wenn Aktien tendenziell billig sind und weniger, wenn sie tendenziell teuer sind. Ich habe länger viel Cash auf der "hohen Kante" liegen für den Fall, dass sich Kursstürze wie im März 2020 ereignen. Cash ist schließlich der beste Schutz gegen einen Drawdown. Außerdem ist die Diversifizierung bei 50 Positionen zu 200 Euro eine andere als bei 20 Positionen zu 500 Euro. Wer kann denn heute sagen, welches Unternehmen in fünf Jahren in Schwierigkeiten gerät, so dass ich meine Beteiligung vielleicht verkaufen möchte? 

    Mit kleinem Geld: Fehler machen und Erfahrungen sammeln

    Das Investieren mit kleinem Geld hat auch eine charmante Seite: Man ist dabei, lernt, macht Fehler, sammelt Erfahrungen. Man riskiert andererseits nicht viel, kann also nicht viel verlieren. Und das, was man verlieren kann, lässt sich leicht wieder reinholen. Weil noch viel produktive Lebenszeit vor uns liegt, in der wir noch viele Jahresgehälter verdienen werden und große Teile davon anlegen können.  

    Man stelle sich einen 55jährigen vor, der gerade seine Lebensversicherung ausgezahlt bekommt und nun ohne jede Erfahrung vielleicht 250.000 Euro für seine Altersvorsorge investieren möchte. Da er in seinem Leben noch nie investiert hat, wird er genau die gleichen Fehler machen, wie unser Junior. Nur mit drei Unterschieden: Er hat etwa 35 Jahre weniger Zeit, diese Fehler wieder auszubügeln. Er hat wesentlich mehr "Skin in the Game" - nämlich die Ersparnisse seines ganzen Lebens, ihm bleiben weniger monatliche Sparraten, die er bis zur Rente noch anlegen kann. Er ist damit emotional wesentlich involvierter und neigt stärker zu irrationalen Entscheidungen, spürt, dass er spät dran ist mit der sicheren Altersvorsorge.    

    Aktien sind Sachvermögen - kein Geldversprechen

    Abschließend noch eine Binsenweisheit: Aktien sind Beteiligungen an produktivem Sachvermögen, an Firmen. Finanzminister Scholz hält ja Aktien für Teufelszeug und will deswegen Aktionäre mit Finanztransaktionssteuer, Verluststeuern und Solidaritätszuschlag weiter bestrafen. Gleichzeitig zelebriert er derzeit die völlige Entwertung des Geldes. Geld wird in beliebiger Menge hergestellt und unters Volk gebracht, egal, ob dem reelle Waren und Dienstleistungen gegenüber stehen. Der Preis für Geld - der Zins - wurde abgeschafft.

    Niemand sollte sich also darauf verlassen, dass die Preise stabil bleiben und die Geldentwertung nicht rapide an Tempo gewinnt. Die Gewinner solcher inflationären Entwicklungen waren in den vergangenen 100 Jahren immer diejenigen, die produktives Sachvermögen hielten. Die Kaufkraft des Geldes hat sich allein während der Zeit der deutschen Einheit in etwa halbiert. Wer weiß, was unserem Junior-Investor bevorsteht? 

    Auch deswegen halte ich es für eine gute Idee, langfristig einen Teil seines Geldes relativ inflationssicher in Firmen zu investieren. Ob der Euro bleibt, wissen wir nicht. Was er wert sein wird in fünf Jahren, wissen wir auch nicht. Dass es aber Firmen geben wird, die Waren und Dienstleistungen für unsere täglichen Bedürfnisse produzieren müssen, das scheint nach heutigem Wissensstand sicher.

    Die ersten drei Investments im Junior-Depot wurden Ende April getätigt. Ende Mai folgt die nächste Investition. Und auch die ersten Dividenden sind bereits in Sicht. Der Schneeball rollt. Den Rest erledigt die Zeit. Wie es weitergeht mit dem Junior-Depot, werde ich hier regelmäßig berichten.      

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    Kommentare: 3
    • #1

      Florian (Freitag, 15 Mai 2020 12:41)

      Hallo Niels, schöner Beitrag. Ich freue mich jetzt schon über die weiteren Berichte, da ich selbst erst vor 6 Monaten mit der "Zahltagstrategie" angefangen habe. Dein Vortrag im Dezember in Stuttgart hat mein Vorhaben nochmals bekräftigt. Natürlich stehe ich auch noch am Anfang, wie dein Junior. Daher bin ich umso dankbarer über die weiteren berichte.

    • #2

      DaBraX aka Oeste71 (Samstag, 16 Mai 2020 17:02)

      Hallo Nils,

      ich versuche seit geraumer Zeit auch mit meinen jungen Masteranden die mir ins Team gesetzt werden, zu vermitteln wie wichtig dieses Thema ist -> daher verspreche ich mir viel von dieser Reihe.
      Bisher habe ich einen ähnlichen Ansatz beim StarterDepot von Torsten Tiedt meinen jungen Kollegen avisiert, um so besser das es nun auch noch einen weiteren gibt!
      Freue mich sehr das du hier nun auch tätig bist, gerade den jungen Menschen hier etwas mitzugeben.
      Ich hatte das große Glück einen Opa zu haben, der mir wichtige Dinge mitgeben konnte, nun kommen wir in das Alter ^^
      Ich habe nun mittlerweile 3 größere Rücksetzer seit 1998 erlebt und lerne heute noch dazu -> ist kein Sprint, sondern ein Marathon! Meine Devise -> und .. keiner sagt das es leicht ist!

    • #3

      Hans (Mittwoch, 14 Juli 2021 15:22)

      Die wenigsten Menschen haben ein gutes Einkommen und führen trotzdem ein bescheidenes Leben um hohe Ersparnisse zu erzielen. Zudem binden sich viele über Jahrzehnte mit Immobilieninvestitionen. Nicht zuletzt kann ein Depot krisenbedingt erheblich im Wert sinken wie in den 00er Jahren zwei Mal geschehen. Sehr Wohlhabende oder frugalistische Singles können sich in der beschriebenen Weise aufstellen. Für alle anderen ist es leider nicht sehr realistisch obwohl jene besonders darauf angewiesen wären.

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